Auf den Spuren der Europäer in Südbrasilien

Rio Grande do Sul ist der südlichste Staat Brasiliens. Im Norden, am Rande des Plateaus von São Paulo, ist es gebirgig und felsig, im Süden flach. Der Staat ist stark geprägt durch die Einwanderung aus Europa im 19. Jahrhundert, vor allem italienisch- und deutschsprachige Einwanderer kamen. Sie flohen von den wirtschaftlichen und politischen Problemen in Europa und erhofften sich bessere Lebensbedingungen in Brasilien. Es gibt noch viele Orte, in denen Deutsch gesprochen wird, z.B. Nova Petrópolis. Die Sprache ist zwar veraltet, wurde aber von Generation zu Generation weitergegeben und stirbt nur langsam aus. Leider spricht die jüngere Generation zunehmend nur noch Portugiesisch, obwohl sie oft noch Deutsch verstehen. Die ganze Geschichte der Einwanderung aus Deutschland kann man im Park Esculturas Parque Pedras do Silêncio in der Nähe von Nova Petrópolis besichtigen.

Die deutsche Kultur ist auch in Form von Bierbrauereien und einiger guter Bäckereien präsent. Ausserdem wird jedes Jahr Oktoberfest gefeiert. Die europäisch geprägten Städte sind auch in sehr guten Zustand. Sie werden gepflegt und gehegt, zumal sie vom Tourismus leben.

In der Serra Gaúcha liegen Gramado und Canela. Zwei sehr touristische Städtchen, in denen man schnell im Restaurant St. Gallen oder doch lieber im Montblanc Fondue essen geht, vielleicht aber auch lieber einen Wein in der Abstrato Bar oder eine Pizza im Colosseo bestellt. Es ist eine Mischung aus Alpenchic mit Fellen auf den Stühlen und Erlebniswelt mit tausend Museen zur Auswahl. Soll es Hollywood Dream Cars, Space Adventure oder doch eine Runde Skifahren sein? In Gramado und Canela findet sich bestimmt das Passende. Nur einen Kaffee – geschweige denn einen bezahlbaren -, gibt es nur am Busbahnhof.

Die Natur im Gegensatz zum Süden ist beeindruckend. Doch weiter im Landesinneren, rund um Santa Cruz do Sul, findet man die wahre und ruhigere Welt. Die Region ist bekannt für ihren Tabakanbau und der Präsenz der grossen Zigarettenhersteller wie China Tabaco Internacional, Universal Leaf Tabacos oder Japan tobacco International. Das bringt Wohlstand und Sicherheit. Aber sonst gibt es nicht viel in dieser Umgebung.

Riesige Weizenfelder, Sojaplantagen und Rinderherden prägen den Süden von Rio Grande do Sul. Die Strassen führen über hunderte Kilometer stur geradeaus. Zur Abwechslung taucht mal ein riesiges Silo auf oder die Gaúchos treiben ihre Herde über die Strasse. Ansonsten ist es im Vorfrühling an der Küste ruhig und überschaubar. Alles ist noch im Winterschlaf und muss erst erwachen. Dazu hat der untypische Dauerregen vieles zerstört und den zaghaften Saisonstart verzögert.

Silo für Soja.
Bild von Chanti

Anfang September überflutete ein Wirbelsturm den Süden Brasiliens. 39 Menschen starben, 2300 verloren ihr Zuhause. Seit über einem Monat regnet es dazu noch ununterbrochen. Die Flüsse sind über die Ufer getreten, viele Fähren über den Uruguay-Fluss nach Argentinien verkehrten nicht mehr, das meiste Land ist bestenfalls überschwemmt, schlimmstenfalls weggespült.

Während der Süden Brasiliens mit dem vielen Regen kämpft, verzögert sich im Westen die Regenzeit, was zu hohen Temperaturen und riesigen Waldbränden führt. Aber dazu ein andermal mehr.

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