Erste Tage in Montevideo

Grautöne, grelle Sonne, kalter Wind. Verfallende Gebäude aus den 1920er Jahren und stoische Bauten der Militärdiktatur. Anzugträger vor dem Nebeneingang der Börse Uruguays und ein Obdachloser, der sein Lager vor dem verschlossenen Haupteingang aufgeschlagen hat. Aufgerissene Strassen, die saniert werden. Überfüllte Busse, die im Minutentakt fahren. Überfüllte Mülleimer. Die ersten Blätter an den Bäumen.

Die Altstadt, Ciudad Vieja, von Montevideo hinterlässt bei uns einen gemischten Eindruck. Montevideo ist nach Wellington und Canberra die drittsüdlichste Hauptstadt der Welt. Entsprechend kühl und feucht ist das Wetter. Dazu kommt, dass der Frühling gerade erst begonnen hat. Aber die ersten wärmeren Sonnenstrahlen tun gut. Wir geniessen sie auf den Terrassen, während wir auf das Auto warten.

Haupteingang der Börse von Montevideo
Aussicht vom Zahnarztstuhl auf die Plaza Independencia

Montevideo ist die teuerste Stadt Südamerikas. Das spürt man. Zudem ist die Qualität der Produkte alles andere als überzeugend. Auch die Auswahl an Essen ist gering: Milanesa (Schnitzel), Burger, Chivito (Sandwich), Pizza und weichgekochte Pasta. Das war’s.

Zur Abwechslung vom Warten dürfen wir Schlange stehen. Drei Stunden für die Ankunftsbescheinigung im Ministerio de Inmigración (Ausländerbehörde). Es ginge sicher alles auch schneller. Aber zuerst muss man anstehen, um sich anzumelden; dann warten, bis man aufgerufen wird, um sich noch einmal auszuweisen; dann noch einmal, um den Zahlschein zu bekommen, dann bezahlen und mit der Bestätigung zurück an den Schalter. Die Ankunftsbescheinigung brauchen wir zusammen mit dem Pass, Führerschein, Fahrzeugausweis und dem Mercosur-Versicherungsnachweis, um das Auto aus dem Container zu holen. Alles läuft über einen Agenten vor Ort. Doch auch so wird man immer wieder auf später vertröstet. Wir mussten von Tag zu Tag planen und immer wieder nachfragen.

Am Mittwochnachmittag war es dann so weit. Mit dem ganzen Gepäck und genügend US-Dollar für den Agenten ging es zum Hafen. Dort hiess es wieder warten und zuschauen. Acht Mann waren nötig, um drei Fahrzeuge aus einem Container zu holen. Die Schlanken haben sich seitlich an den Fahrzeugen nach vorne gezwängt, um die Batterien anzuhängen und die Radbefestigung zu lösen. Die Breiteren haben hinten die Befestigung gelöst. Der Breiteste machte sich Notizen auf seinem Klemmbrett. Das nennt man Arbeitsaufteilung. Am Ende gab es vom Zoll noch die temporäre Einfuhrgenehmigung für das Fahrzeug. Rein ins Fahrzeug hat keiner geschaut. Was uns auch recht war – nach drei Stunden im Wind stehen.

Dann hiess es schnell raus aus dem Hafen und aus der Stadt. Der Küstenstrasse entlang nach Osten zum UY-Storage. Unsere Containerbuddies mit dem VW-Bus hatten den Tank so leer gefahren, dass der Motor immer wieder ausging. Also schnell eine Tankstelle suchen: leichter gesagt als getan. Gleich nebenan war schon eine. Nur die «Abbiegen verboten» Schilder mussten wir dafür leicht übersehen. Mit vollem Tank ging es weiter über gefühlt tausend Ampeln im Berufsverkehr. Doch zumindest wurde die Landschaft immer schöner. Kurz nach Sonnenuntergang kamen wir dann endlich an. Irgendwo in der Pampa Uruguays. Schnell noch was gegessen: Fertignudelsuppe sei Dank. Und durchgefroren vom Wind ins Bett.

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